Jubilate!!
Jerry Cotton’s Dienstfahrzeug wird 50 Jahre alt
Natürlich nicht der rote Jaguar E-Type des Helden des Groschenromans, sondern die ganze berühmte Baureihe. Meine erste Begegnung mit dieser Stilikone hatte ich, als ich die besagten Heftchen heimlich las, denn meine Eltern waren gegen eine solche Lektüre. Nach dieser Begegnung literarischer Art folgten noch einige in der realen Welt. Leider war es mir nie vergönnt diesen Traum von Auto jemals zu besitzen. Eine traumatische Begegnung hatte ich im Jahr 1991 in Oklahoma City. Wir waren zu einem Abendessen in einem Restaurant und da stand ein E-Type Cabrio in rot und das – dies war das Traumatische, war zu einer Salatbar umfunktioniert. Das tat so richtig in der Seele weh und ich konnte nur mit Obelix einer Meinung sein: „ Die spinnen, die Amis“
Am 15.März 1961 in Genf enthüllte Jaguar den E-Type und der XK Nachfolger erwies sich nicht nur als Image Träger sondern auch als ein kommerzieller Erfolg. In 14 Jahren erlagen weltweit 72.500 Käufer den Reizen des als Coupé und Roadster erhältlichen Modells. Zuerst war der E-Type ja nur in einer Auflage von 1000 Stück angedacht, wurde aber dann zu einem der ersten in größeren Stückzahlen produzierten Vollblutsportler. Seit 1996 steht die Designikone auch im Museum of Modern Art in New York.
Er war der Inbegriff des zeitgenössischen Sportwagens und auch die Prominenz schmückte sich gerne mit ihm. Neben dem Fußballer George Best, den Leinwand-Größen Brigitte Bardot, Tony Curtis und Steve McQueen zählte auch der surrealistische Maler Salvador Dalì zu seinen Besitzern. Die Beatles, der Mini-Rock und der E-Type standen für die Swinging Sixtys..
O-Ton Jaguar
„Der schnell zur Design-Ikone reifende E-TYPE verströmte eine unwiderstehliche Aura aus Kraft, Eleganz und Sinnlichkeit. Die extrem lange Motorhaube mit den unter Plexiglasabdeckungen sitzenden Scheinwerfern, die beim Service nach vorn klappende Haube und das revolutionäre „Fastback“ mit seitlich angeschlagener Hecktür setzten ebenso wie die keck nach oben gebogenen Auspuffendstücke neue Trends.
Die betörende Form schuf Malcolm Sayer – Designer der Le Mans-Sieger von Jaguar
Für das atemberaubende Design des Jaguar E-TYPE war mit Malcolm Sayer ein Luftfahrtingenieur verantwortlich, der seine aerodynamische Expertise schon zuvor bei den Le Mans-Siegerwagen C- und D-TYPE hatte einfließen lassen. Radikal neu war zum Beispiel die von Sayer erdachte hintere Einzelradaufhängung – mit je einem Längslenker und zwei Federbeinpaketen pro Seite sowie als obere Querlenker fungierenden Antriebswellen. Rundum verzögerten Scheibenbremsen den E-TYPE – hinten waren sie zwecks Senkung der ungefederten Massen innen angeordnet. Der unter einer endlos langen Motorhaube installierte Sechszylinder holte aus 3,8 Litern Hubraum 265 PS bei 5.500/min. Gefüttert wurde er von drei Vergasern, ein Vierganggetriebe leitete die Kraft auf die Hinterachse.
Mit einer vom Werk angegebenen Höchstgeschwindigkeit von 240 km/h verdiente sich der E-TYPE wie zuvor der XK120/150 das Prädikat „schnellster Serienwagen der Welt“. Das englische Fachmagazin The Motor maß bei Testfahrten mit einem E-TYPE Roadster eine Beschleunigung von 0 auf 96 km/h (60 Meilen) in 7,1 Sekunden.
Im Oktober 1964 ersetzte Jaguar den 3,8-Liter-Motor durch den 4,2 Liter aus der neuen Limousine Mark X. Das maximale Drehmoment stieg von 348 auf 380 Nm bei 4.000/min, was mehr Durchzug im unteren und mittleren Drehzahlbereich einbrachte. Die Motorleistung dagegen blieb identisch. Exportmodelle wurden erstmals mit einer Klimaanlage bestückt, und für den Roadster gab es ein abnehmbares Hardtop.
Im Frühjahr 1966 erschien vor allem auf Wunsch der amerikanischen E-TYPE-Klientel der E-TYPE 2+2. Ein um fünf Zentimeter verlängertes Coupé mit um 23 Zentimeter gestrecktem Radstand, 3,8 Zentimeter höherem Dach und zwei Notsitzen im Fond. Erstmals gab es für den „Two plus two“ optional auch eine Dreigang-Automatik. Leider brachte der E-TYPE für die Klein-Familie nun 100 Kilo mehr auf die Waage, was laut The Motor die Höchstgeschwindigkeit auf 219 km/h drückte. Beim Spurt von 0 auf 100 km/h vergingen jetzt fast neun Sekunden.
Serie II mit frei stehenden Scheinwerfern, Serie III mit mächtigem V12
Der Oktober 1968 sah das Debüt der Serie II des E-TYPE. Auffälligste Änderungen waren die nun frei stehenden und leuchtstärkeren Scheinwerfer, ein um 70 Prozent vergrößertes Kühlermaul sowie eckige Blinker und Rückleuchten. Die waren nun unter- statt oberhalb der nunmehr durchgezogenen Stoßstangen montiert. Modifikationen auch am Heck: Die Auspuffrohre rückten auseinander, die Kennzeichenhalterung wanderte nach unten.
Im März 1971 betrat dann der ultimative Jaguar E-TYPE die Bühne: Die ausschließlich mit einem neu entwickelten 5,3 Liter-V12 ausgestattete Serie III. Mit 276 PS bei 5.850/min und einem Drehmomentgipfel von 408 Nm bei 3.600/min stand diese Katze bestens im Futter. Dank einer Voll-Aluminium-Bauweise wog das von Harry Mundy und Walter Hassen, dem „Vater“ des Coventry Climax-Formel 1-Motors konstruierte Kraftwerk nur 36 Kilo mehr als der frühere Sechszylinder. Weitere technische Feinheiten des Serie III waren die vier Zweistufen-Fallstromvergaser von Zenith, eine elektronische Transistorzündung und innen belüftete vordere Scheibenbremsen. Der Roadster übernahm ab 1971 den langen Radstand des 2+2, das kurze Coupé strich Jaguar im Gegenzug ganz aus dem Programm.
Der verchromte Kühlergrill mit sechs horizontalen und vier vertikalen Streben verlieh dem Serie III E-TYPE optisch einen Hauch Ferrari. Die Spurverbreitung um 82 mm und größere Reifen erforderten aufgesetzte Kotflügelverbreiterungen. Am Heck ließen vier Auspufftatzen den Zwölfzylinder erahnen – nur die US-Version musste sich mit zwei Endrohren begnügen.
Die Europa-Version absolvierte den 0-100 km/h-Sprint in 6,4 Sekunden und kratzte wieder erfolgreich an der 240 km/h-Marke. Das US-Modell mit nur 250 PS büßte 17 km/h und eine volle Sekunde für den Sprint„ein. Trotzdem resümierte das amerikanische Fachblatt Car and Driver: „Jaguar hat es fast geschafft, einen Ferrari zum halben Preis anzubieten!“
Fast 70 Prozent aller E-TYPE gingen nach Amerika
Bis zum April 1975 hatte Jaguar 20.297 zweisitzige und 18.222 2+2-sitzige Coupés produziert, dazu kamen 33.996 Roadster. Das Gros – gut 49.000 Einheiten – fand den Weg in die Vereinigten Staaten. Noch heute sind weltweit über 30.000 E-TYPE zugelassen und bei Oldtimer-Meetings oder Schönheitswettbewerben die Lieblinge vieler Classic Car-Fans.
Bei Auktionen erzielen E-TYPE Roadster der ersten Serie und Cabrios mit V12-Power die höchsten Preise, am günstigsten sind 2+2-Coupés der Serien II und III. Als Faustregel gilt zudem: Roadster sind um die Hälfte teurer als Coupés, und ein E-TYPE mit abgedeckten Scheinwerfern genießt in jedem Fall mehr Ehrfurcht als einer mit freistehenden.
1996 wurde der Jaguar E-TYPE auch von quasi höchster Stelle als Kunstwerk anerkannt: Seitdem ziert ein stahlblauer Roadster als eines von ganz wenigen Automobilen die Dauer-Ausstellung des berühmten New Yorker Museum of Modern Art.
Norman Dewis
Der heute Neunzigjährige Norman Dewis war nach seinem Wechsel vom Autohersteller Lea Francis zu Jaguar 1952 für viele Jahre Cheftestfahrer des britischen Traditionsunternehmens. Neben dem maßgeblichen Beitrag zum Erfolg des XK120 und dessen C- und D-TYPE Abkömmlingen in den 1950ern geht fast die komplette Testarbeit mit den Prototypen des E-TYPE auf sein Konto.
Die Namen von berühmten Rennfahrern wie Stirling Moss und Duncan Hamilton kennt jeder. Weniger bekannt ist, dass für Sir William Lyons jeder dieser Fahrer als ersetzbar galt, nicht aber Norman. Er war eines der extrem seltenen Talente, die ein Auto nicht nur sehr schnell fahren, sondern auch entwickeln können.
Aus eben diesem Grund wollte Sir William nicht, dass Norman Rennen fuhr – er war für ihn unersetzlich. Eine Ironie des Schicksals wollte es somit, dass Norman gerade deshalb weithin unbekannt geblieben ist, weil er für Jaguar so enorm wichtig war. So wissen nur wenige, dass er auch maßgeblich an der Entwicklung der Scheibenbremsen (deren Vorzüge heute jeder Autofahrer zu schätzen weiß) beteiligt war.
Normans umfangreiche Aufzeichnungen aus jener Zeit sind eine Fundgrube für Historiker, und noch heute zieht er mit seinen spannenden Erzählungen weltweit die Zuhörer bei Jaguar-Events in seinen Bann. Erst vor kurzem nahm er am Steuer eines Original D-TYPE (XKC401) am britischen Goodwood Festival of Speed teil.
1955 war Norman in Le Mans beim 24-Stunden-Rennen dabei, im gleichen Jahr wurde er Fünfter (sein Wagen trug das Kennzeichen OKV 2) beim 9-Stunden-Rennen in Goodwood. Kürzlich hat ihn der British Racing Drivers Club (BRDC) zum Ehrenmitglied ernannt – eine verdiente Auszeichnung, mit der für Norman ein Lebenstraum in Erfüllung gegangen ist.
Norman hat sich Zeit seines Lebens mit Jaguar identifiziert und war ein unermüdlicher Arbeiter, der zeitweise sogar fünf Jaguar-Lehrlinge bei sich zuhause beherbergte. Wo immer er auftritt, wirbt Norman für seinen ehemaligen Arbeitgeber und “hält die Fahne von Jaguar hoch”, wie er zu sagen pflegt. Er hat das Zeit seines Lebens getan, und das MINDESTE, was wir als Jaguar-Enthusiasten tun können, ist, ihm unsere Anerkennung für sein Lebenswerk zu zollen.“
Hans Jürgen Eibel
Auch als Video bei McDonald’s Instore TV und auf AM24.tv
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